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Warum zu frühes Hinsetzen die motorische Entwicklung stört

Stell dir vor jemand verbindet dir deine Augen, setzt dich in ein Auto und fährt dich an einen unbekannten wunderschönen Ort. Dort gefällt es dir sehr gut und du möchtest seit du diesen Ort kennst nur noch dort sein-aber dafür brauchst du Hilfe. Denn du hast gar keine Ahnung, wie du zu diesem Ort gelangt bist, noch weißt du wie du von diesem Ort wieder nach Hause kommen kannst….

Stell dir vor jemand verbindet dir deine Augen, setzt dich in ein Auto und fährt dich an einen unbekannten wunderschönen Ort. Dort gefällt es dir sehr gut und du möchtest seit du diesen Ort kennst nur noch dort sein-aber dafür brauchst du Hilfe. Denn du hast gar keine Ahnung, wie du zu diesem Ort gelangt bist, noch weißt du wie du von diesem Ort wieder nach Hause kommen kannst….

Genauso ist das beim frühzeitigen Hinsetzen, aufstellen oder an den Händen gehen. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist die Entwicklung zur Aufrichtung bis zum freien Gehen genetisch festgelegt und vorprogrammiert. Kinder haben also den Willen und den Drang nach oben zukommen. Und ihnen gefällt es wenn sie neue Positionen entdeckt haben.

Wie kommt ein Kind frei und selbstständig zum Sitzen?

Das Kind kommt selbst entweder über den Vierfüßlerstand oder über die Zwergenposition zum Sitzen. Vom Alter her ist da die Bandbreite sehr groß. Einige schaffen es schon recht früh mit 6 Monaten, andere ab dem 9.-12. Lebensmonat. Beides sind Varianten bei denen viel Rumpfstabilität und Gleichgewicht trainiert und diagonal verlaufende Muskelgruppen gekräftigt wird. Sobald das Kind im Vierfüßlerstand sicher ist, schiebt es sein Gesäß nach hinten auf die Fersen und kommt als erstes in den Fersen- oder Zwischenfersensitz.  Aus der Zwergenposition stützt sich das Kind seitlich in den Sitz und kann von dort aus im Ringsitz oder Langsitz landen. Einige Kinder lernen das Sitzen erst über das hochziehen in den Stand und lassen sich dann auf das Gesäß fallen und Sitzen.

Aufsitzen lernen über die Zwergenposition

Viele Wege führen zum freien selbstständigen Sitzen

Es gibt also viele verschiedene Varianten und Wege wie man zum Sitzen kommt und genauso gibt es auch etliche Arten zu Sitzen.

Wir alle sitzen nämlich immer unterschiedlich. Im Zwischenfersensitz, Langsitz, halben Ringsitz, Fersensitz oder Hockposition und noch viele andere Sitzvarianten sind bei Kindern im Spiel zu beobachten. Diese sind nur dann da, wenn man es die Kinder auch ausprobieren lässt.

Lässt man Kinder selbst erkunden wie sie sich hinsetzen können, erfahren sie wie sie sich abstützen müssen, wie sie ihren Rumpf stabilisieren müssen um nicht umzufallen und wie sie aus der Position auch wieder eigenständig herauskommen.

Fersensitz

Warum zu frühes Hingesetzt werden für die motorische Entwicklung stört

Wird ein Kind schon zu früh in eine sitzende Position gebracht, ist es oft noch nicht in der Lage dort stabil zu sitzen. Seine Rumpfmuskulatur ist noch überhaupt nicht bereit dafür in dieser Position die Wirbelsäule effektiv zu stützen. Das Kind versucht sich irgendwie in dieser Position zuhalten und trainiert dabei wahrscheinlich Bewegungsmuster ein, die absolut nicht seiner natürlichen Bewegungsentwicklung entsprechen. Diese können auf lange Sicht die Haltung der Wirbelsäule negativ beeinflussen sowie die weitere motorische Entwicklung verändern. Gleichzeitig kennt das Kind dann eben auch nur diese eine Sitzposition, in die es immer wieder gebracht wird und hat keine Ahnung wie sie diese wieder verlassen kann.

In meiner Praxis habe ich schon häufig Kinder gesehen die aufgrund zu frühen Hinsetzens als alternative Bewegungsform das Sitzrutschen am Gesäß für sich entdeckt haben. Dadurch kann es passieren, dass dann das Krabbeln im Vierfüßlerstand ausgelassen wird und auch andere Bewegungsübergänge nur teilweise oder gar nicht trainiert werden. Nur aus der Bauchlage heraus lassen sich robben und krabbeln erarbeiten.

Sitzen für die Beikost

Zwischen dem 4.-und 6. Lebensmonat beginnt für viele Babys die Beikostphase. Damit es sich nicht verschluckt ist eine aufrechtere Position als in der Rückenlage notwendig.

Auf dem Arm gehalten, am Schoß oder auch für den Zeitraum des Essens ist für mich eine erhöhte Lagerung in der Wippe (nicht länger als 30 Minuten) in Ordnung. Hierbei werden die Wirbelsäule und der Rumpf muskulär mitgehalten.

Sitzen im Kinderwagen und Tragegestellen

Nach der Babywanne im Kinderwagen ist es gut einen Aufsatz wählen zu können, der sich komplett in Rückenlage positionieren lässt bzw. eine erhöhte Rückenlage als erste Sitzvariante zulässt. Durch die angelehnte Sitzposition ist das Körpergewicht und die Druckbelastung noch vermehrt auf den oberen Rücken verteilt und weniger auf das Becken.

Sobald das Kind von sich aus frei sitzen kann ist auch gegen eine Sitzposition im Buggy oder Sportsitz nichts ein zuwenden. Die Sitzdauer sollte nicht zu lang sein und dem Kind sollte anschließend genügend Bewegungsfreiheit am Boden gegeben werden.

Bei Tragetüchern und ergonomischen Tragehilfen ist es so, dass das Kind in einer Hockposition, der sogenannten Anhock-Spreizhaltung hängt und nicht sitzt. Das Kind wird über die Zugtechnik der Tuchbindung gehalten. Es gibt aber durchaus Tragehilfen, die ein „Sitzpolster“ innen verarbeitet haben, diese sind aus physiotherapeutischer Sicht nicht empfehlenswert.

Alternativen zum passiven Hinsetzen

So lange ein Säugling sich in der vertikalen Ebene selbst noch nicht stabilisieren kann ist es am Bauch als Spieleposition am Besten aufgehoben. Wenn seine Hirnreife und sein Rumpf muskulär stabil genug sind wird es sich selbstständig hinsetzen.

Bei Kindern die die Sitzposition durch passives Hinsetzen schon kennen und der Bauchlage dadurch eher mit Frustration begegnen ist es wichtig diese emotional gut zu begleiten. Zu Beginn wird die Ausgangstellung wahrscheinlich als anstrengend und kräftezehrend wahrgenommen werden. Mit vielen Pausen und stetiger Wiederholung und motivierender Begleitung wird es dem Baby immer besser gelingen die Bauchlage zu akzeptieren und längere Zeit einzuhalten.